Die kroatische Familie Salaj aus Grabovnica westlich von Zagreb ist kreativ: Alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit bringen die Salajs auf ihrem Hof Millionen Lichter zum Leuchten – 2016 sind es sage und schreibe zwei Millionen!
Nicht irgendwelche Lichter, sondern intelligent durchdachte, knallig bunte Licht-Skulpturen, die sich aus einem Tim Burton-Film nach Kroatien verirrt haben könnten.
Im Dezember 2015, während ich gerade dabei bin, Kroatien-Liebe zu konzipieren, erfahre ich auf Facebook zum ersten Mal von der weihnachtlichen Lichterkunst der Familie Salaj und schmiede gleich Pläne: Da will ich hin! Mein Vorhaben realisiere ich am 9. Dezember – ungefähr auf den Tag genau ein Jahr später.
Der Weihnachtszug Tin-Express
Vor dem Ausflug nach Čazma, das mitten in der allertiefsten Provinz liegt, frage ich mich: Wie komme ich dahin, wenn ich in Zagreb bin? Vor der Abreise recherchiere ich ein bisschen und finde heraus, dass die kroatische Eisenbahn Hrvatske željeznice (HŽ) Fahrten zur Familie Salaj organisiert – mit dem Weihnachtszug Tin-Express!
Die weihnachtlich dekorierte Bahn fährt allerdings nur freitags und samstags. Also plane ich: Freitag soll es zu den winterlichen Plitvicer Seen gehen und Samstag zur Božična Prića der Salajs.
Als ich am 8. Dezember im Zagreber Hauptbahnhof mein Ticket für den 10. Dezember kaufen will, sagt mir der Herr am Schalter, dass schon alle Karten für den Tin-Express ausverkauft wären: Ich könnte nur noch am Freitag dabei sein! Schweren Herzens verabschiede ich mich vorerst von den heiß geliebten Seen, denn ich habe am Samstag noch andere Termine, und besorge mir für 85 Kuna meine Hin- und Rückfahrtkarte.
Im Zug kommt der Weihnachtsmann
Der Weihnachtszug startet freitags seine Reise um 16:19 Uhr und samstags um 15:00 Uhr. Los geht’s ab Glavni kolodvor in Zagreb. Am Gleis sticht mir der Tin-Express sofort ins Auge, so dass man ihn gar nicht verfehlen kann. Er ist nämlich mit hübschen Weihnachtsmotiven verziert!
Im Zug hängen Tannenbaumkugeln, Lichterketten und Weihnachtsgirlanden. Dazu erklingen schon im Bahnhof gefühlvolle kroatische Weihnachtslieder. Auf der Rückfahrt wird die normale Zugbeleuchtung ausgeschaltet und dann sorgt das Schummerlicht der Weihnachtslichter für gemütliche Festtagsromantik, die man – wenn möglich – mit einem geliebten Menschen genießen sollte.
Einer ist übrigens auch die ganze Zeit mit an Bord: der Weihnachtsmann. Auf der Hin- und Rückfahrt spaziert er durch den Gang, macht ein paar flotte Sprüche und verteilt Geschenke – leider nur an die Kinder! Sie bekommen Leuchtarmbänder und großzügige Pakete mit Süßigkeiten und Knabbereien. Ich gehe zwar wegen meines fortgeschrittenen Alters inklusive Kinderlosigkeit leer aus, trotzdem wird mir bei alledem sehr warm ums Herz.
Ansagen im Zug nur auf Kroatisch
Die lustige Zugfahrt endet in Ivanić Grad. Wenige Minuten vor der Endstation kommt eine kroatische Ansage, dass die Reise mit Bussen weiterginge und selbige um 20:15 Uhr wieder vor dem Eingang der Božična Prića warten würden. Nur auf Kroatisch, wohl gemerkt!
Ich verstehe alles, doch zur Sicherheit vergewissere ich mich bei meiner Sitznachbarin im Bus, ob die Abfahrtzeit wirklich stimmt. Bei einem Verständnisfehler wäre ich hier draußen auf dem Land wirklich aufgeschmissen!
Nein, in dem Fall war mein Kroatisch tatsächlich gut genug. Wir fahren mit dem Bus eine knappe halbe Stunde zur Familie Salaj und erreichen den Hof gegen 17:45 Uhr.
Božična Prića bei Familie Salaj
Schon aus der Ferne bringt die Božična Prića (zu Deutsch: Weihnachtsgeschichte) der Salajs die winterliche Dunkelheit farbenfroh zum Leuchten. Wie auf dem Weihnachtsmarkt in Zagreb freue ich mich auch hier wieder wie ein kleines Kind auf dieses Spektakel.
Der Eintritt kostet 30 Kuna, den niemand aus der Gruppe am Eingang zu zahlen braucht. Ich betrete eine andere Welt, vielleicht sogar einen anderen Stern – einen Weihnachtsplaneten, wo Kitsch so dick aufgetragen ist, dass die Kunst tatsächlich in der Übertreibung liegt!
Hätte ich vor meinem Besuch bei Familie Salaj einen Joint geraucht (Scherz!), würde ich wahrscheinlich nur noch glückselig glucksen, kichern und über den Weihnachtsmann philosophieren. Apropos: Weihnachtsmänner leben auf dem Hof so einige, natürlich nur aus Lichtern!
Fantasievolle Figuren und klirrende Kälte
Ich lasse mich durch die märchenhafte Weihnachtswelt treiben, wo mir Heerscharen an Schlümpfen und Pilzen auffallen. Auch Zwerge, Lichter-Tiere und ein Rentier-Schlitten kreuzen meinen Weg. Und – wie nicht anders zu erwarten – haben die Salajs es geschafft, ein paar Licht-Installationen in den kroatischen Nationalfarben zu kreieren.
Ich platziere den Finger ständig am Auslöser meiner Kamera, was nach einer Weile zu Gefühllosigkeit in den Händen führt. Um mich herum herrscht klirrende Kälte! Ja, Kroatien ist nicht nur das warme Urlaubsland mit Sonne und Meer. Im Winter kann es dort sehr eisig werden!
Warmes Essen, Getränke und Weihnachtsstände
Familie Salaj versucht die Gäste zwischendurch mit einem kleinen Feuerwerk zu erwärmen – und mit warmen Speisen und Getränken. Als meine Hände vom Fotografieren fast schon starr sind, gehe ich in die Scheune, wo ich mich mit Glühwein und einer Portion Pommes wieder aufheize. Zum Essen gibt es ebenfalls Hot Dogs und Ćevapčiči.
Die Verköstigungsstätte ist nicht das einzige, was die Božična Prića neben einem Weihnachtsmärchen aus Lichtern zu bieten hat: Am Rande des Lichterparks warten Weihnachtsmarkt-Stände mit typisch kroatischem Kunsthandwerk, Likören und Weihnachtsdekorationen. Ich entdecke dort eine hübsche Kugel für meinen rotweißblau illuminierten Weihnachtsbaum in Berlin …
Fazit: Jederzeit wieder Weihnachten bei Familie Salaj
Als ich zurück nach Zagreb komme, bin ich zwar immer noch ein bisschen enttäuscht, weil ich meinen Ausflug zu den winterlichen Plitvicer Seen auf unbestimmte Zeit verschieben musste. Nichtsdestotrotz hat sich die Reise zu Familie Salaj von Anfang bis Ende gelohnt – auch wegen der super Organisation vonseiten der kroatischen Eisenbahn.
Ja, ich habe 2016 wirklich das Gefühl, dass ich mein persönliches Weihnachten zweieinhalb Wochen früher gefeiert habe. Vielleicht sollte ich das nächstes Jahr in Kroatien wiederholen. Was ich lange Zeit glaubte verloren zu haben, ist nämlich für drei Tage in Zagreb und bei Familie Salaj zu mir zurückgekehrt: die kindliche Freude an Weihnachten! (as)
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