Vom 20. auf den 21. Juni 2017 führt mich meine Reise in die „alte Dame“ westlich von Rijeka. Ich habe mir nämlich vorgenommen, einen langen Spaziergang am Lungomare von Opatija zu machen.
Eine Gastautorin hatte den Luftkurort aus der österreichisch-ungarischen Monarchie 2016 als „die Schöne in Istrien“ bezeichnet – wobei man sich darüber streiten kann, ob die Stadt zur Region Kvarner oder schon zur grünen Halbinsel gehört. Diese Schönheit will ich mit eigenen Augen sehen: die hochherrschaftlichen Villen, die Grand-Hotels, die Parks und natürlich das Mädchen mit der Möwe.
Betonierte Strände
Als ich in Opatija ankomme, bin ich eher enttäuscht. Die betonierten Strände erinnern mich an städtische Freibäder und vor den Hotels, in denen ich mir RTL-II-Prominenz vorstelle, reiht sich ein Stand mit Touristen-Tinnef an den anderen. An diesem Ort kommt mir öfters der gemeine Gedanke: Opatija ist so kroatisch wie Berlin-Neukölln deutsch!
Nun gut, ich neige manchmal zur Übertreibung, die in diesem Fall nur ausdrücken soll, dass man das authentisch Einheimische hier nicht mehr findet. Opatija kommt mir vor wie ein Touristenort irgendwo im Süden von Europa. Er spricht gezielt Familien mit Kindern und die Generation 60+ an – vorwiegend Urlauber aus Österreich, wie man an der Promenade und in den Restaurants schnell hört.
12 Kilometer langer Lungomare von Opatija
Wer solo unterwegs ist und sich am liebsten unters lokale Volk mischt, fühlt sich eher fehl am Platze – so wie ich. Bevor ich weiterziehe, steht aber noch mein Spaziergang auf dem Lungomare von Opatija an. Das wird ein schöner Marsch bei der sommerlichen Hitze! Der Küstenweg zwischen Vološko im Norden und Lovran im Süden ist zwölf Kilometer lang.
Am Tag meiner Ankunft gehe ich von Opatija bis Vološko. Geschichtlich betrachtet macht das Sinn, denn dieser Teil der Seepromenade wurde 1889 als erstes fertiggestellt – im gleichen Jahr bekam Opatija auch den Titel „Luftkurort“. Über den zweiten, 1911 vollendeten Abschnitt bis Lovran flaniere ich am zweiten Tag.
Küstenweg von Kaiser Franz Josef I.
Der Lungomare ist im Laufe der Jahrzehnte mehrmals umbenannt worden. Seit der Zeit um die Jahrtausendwende huldigt sein Name dem österreichisch-ungarischen Kaiser Franz Josef I. – Obalno Šetalište Franza Josefa I. (zu Deutsch: Franz Josefs Küstenpromenade).
Das war aber nicht immer so: Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg, als Opatija unter italienischer Herrschaft stand und Abbazia hieß, war der Weg namentlich in Lungomare Regina Elena, Lungomare della Madonne und Lungomare Principe Umberto unterteilt. In Titos Jugoslawien ab 1945 trug er die Bezeichnung Matko-Laginja-Promenade. Laginja wiederum war ein kroatischer Nationalist …
Wahrzeichen von Opatija: Mädchen mit der Möwe
Auf meinem Spaziergang nach Vološko komme ich am Wahrzeichen von Opatija vorbei. Das Mädchen mit der Möwe schaut aufs Meer und ist ständig im Visier von Paparazzi. Auch ich fotografiere die Statue ausgiebig, vor allem bei Dunkelheit, wenn sie von unten beleuchtet wird.
Ich durchquere den Park Angiolina mit seinen Palmen und den bunt arrangierten Blumenbeeten, sehe noble Hotels wie das Kvarner und auch so manche verfallene Villa aus der K.u.K.-Ära. Heute blättert an den mächtigen Fassaden der Putz ab.
Vološko hat sich noch ein wenig den Charme eines Fischerorts an der Adria bewahrt. Die Industriestadt Rijeka behalte ich auf dem Weg dorthin immer im Blickfeld. Zum Schwimmen vergeht mir an den Bezahlstränden mit den wunderbaren Betonplateaus echt die Lust!
Streckenfavorit: Der Weg nach Lovran
Anders sieht das am nächsten Tag aus: Der Lungomare von Opatija bietet auf der Strecke nach Lovran nicht nur den einen oder anderen Hundestrand, sondern auch kleine, heimelige Einstiege zum Baden, die man über eine Treppe nach unten erreicht. Zwar sind die ebenso betoniert, aber ohne das typische Freibad-Flair.
Auf diesem Weg genieße ich die mediterranen Ausblicke aufs Meer, atme die Düfte der Pflanzen tief ein und sehe mich in sehr ferner Zukunft aus dem Fenster einer mondänen Villa schauen. Weil es so heiß ist, suche ich mir mehrmals ein schattiges Plätzchen zum Ausruhen – Parkbänke gibt es genug, Bars mit kühlen Getränken ebenfalls.
Langsam und ohne Eile schaffe ich es tatsächlich bis Lovran, wo ich mir im Restaurant Kvarner ein Mittagessen gönne. Wie super es mir dort geschmeckt hat, erzähle ich Euch demnächst! (as)
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