Frische Landluft, Weinberge, malerische Dörfer und langläufige Sumpfgebiete – all das erlebt Ihr bei einer Radtour durch Baranja. Ich kann mich nicht entsinnen, jemals so viel am Stück in die Pedale getreten zu haben. In diesem ländlichen Teil von Kroatien finde ich das aber total entspannend. Fast ein bisschen wie Meditation!
Im Gästehaus Maksimilian in Osijek leihe ich mir ein Mountainbike aus und radle als erstes durch den Naturpark Kopački rit. Eine Kehrtwende mache ich an dem Tag in Zlatna Greda, wo mir ein Wegweiser nach Batina auffällt. Zwei Tage später will ich dahin, um am Anti-Faschismus-Denkmal das Donau-Panorama zu genießen.
Schafe verstopfen den Weg
Nachdem ich die ersten zwei oder drei Kilometer auf dem asphaltierten Feldweg gefahren bin, muss ich ein paar Minuten anhalten. Die Straße ist verstopft! Eine Schafherde versperrt mir den Weg. Wir schauen uns an, plaudern kurz miteinander, dann laufen die flauschigen Kameraden zurück aufs Feld. Ich strample weiter, ein Schild lotst mich auf einen Schotterweg auf einem Deich.
Der unebene Untergrund schüttelt mich ordentlich durch. Ich lege einen langsameren Gang ein, weil der harte Sattel mein Hinterteil schon mega-strapaziert hat. Niemand hetzt mich und in der Langsamkeit nimmt man die Natur viel intensiver wahr. Flussarme schlängeln sich durch die Wiesen, an den Ufern wachsen Laubbäume. Man hat das Gefühl, in der Mitte von Nirgendwo angekommen zu sein.
Eintauchen in die Natur
Auf diesem Weg begegnet mir keine Menschenseele. Man hört nur den Wind und das Zwitschern der Vögel. Hier lege ich mich ins Gras und strecke Arme und Beine weit von mir. Ohne Ziel könnte man in der Ruhe der Landschaft versinken. Aber meine Radtour durch Baranja soll mich ja nach Batina bringen!
Irgendwann mündet der Schotter wieder in Asphalt und spätestens an dieser Stelle hat mich das dörfliche Leben wieder. Links von mir fährt ein Bauer mit seinem Trecker übers Feld und an einer sehr neu gemacht wirkenden Autostraße sagt mir ein Wegweiser, dass ich rechts nach Batina abbiegen muss.
Das Denkmal von Batina
Drei oder vier Kilometer düsen Autos an mir vorbei, dann endlich die Rettung: Batina liegt vor mir. Geradeaus weiter geht es nach Serbien – am anderen Ufer der Donau. Für mich beginnt nun der anstrengendste Teil der Radtour. Der Weg zum Denkmal mit der Wahnsinns-Aussicht führt steil bergauf. Einen Teil der Strecke schiebe ich und könnte bei so manchem Winzer einkehren, Wein und Obst kaufen. Ich fahre an idyllischen Gärten vorbei, kurz wieder bergab, dann erkenne ich das Denkmal schon von Weitem.
Das 29 Meter hohe Monument gegen den Faschismus soll an die Schlacht von Batina erinnern. Vom 6. bis 29. November 1944 kämpften sowjetische und jugoslawische Truppen gemeinsam gegen die Nazis und siegten. Steht man dort oben auf den Stufen, sieht man nicht nur den Ort Batina und die Donau, sondern auch ein Drei-Länder-Eck: Kroatien, Serbien und Ungarn.
Der Fluss fließt durch dichte grüne Laubwälder und ich habe sofort einen Song von Josipa Lisac im Ohr: „Gdje Dunav ljubi nebo“ (zu Deutsch: Wo die Donau den Himmel küsst). Bei einem Eiskaffee im Café neben dem Denkmal lasse ich das Panorama noch weiter auf mich wirken und ruhe mich aus. Das scheinen auch die beiden Streifen-Polizisten am Nebentisch zu tun. Obwohl das Denkmal vor Krieg und Schrecken warnt, ist dies ein wahrhaft friedlicher Ort!
Radtour durch Baranja auf Weinstraßen
Ungefähr 50 Kilometer trennen mich in Batina von Osijek, wo ich vor langer Zeit am Morgen aufgebrochen bin. Auf dem Rückweg radele ich über die Weinstraßen von Baranja, vorbei an kleinen Weingütern und Weinbergen. Ich stelle mir nur vor, hier und da zu stoppen und mir das eine oder andere Glas zu genehmigen.
Würde ich es wirklich tun, wäre ich sicher ganz schnell vollstramm und könnte keinen Meter weiterfahren. Wer eine Radtour durch Baranja macht, sollte sich also vorher im Klaren sein: Natur oder Wein? Beides in Kombination funktioniert nur mit nüchternem Fahrer.
Palačinke als Belohnung fürs Strampeln
In wohl kaum einer anderen Region von Kroatien ist die Gefahr so groß, besoffen zu enden. Genuss kommt an diesem 5. September 2018 trotzdem nicht zu kurz. Immerhin lege ich mindestens 100 Kilometer mit dem Fahrrad zurück und bin es nicht gewohnt. Im Restaurant Citadela im Dorf Vardarac bestelle ich mir die wohl besten Palačinke meines Lebens. Sie schwimmen in in flüssiger dunkler und weißer Schokolade, sind mit Walnüssen gefüllt und mit Haselnüssen bestreut. Eine Kalorienbombe, nach der sich mein Körper in dem Moment sehnt!
Nach diesem Mahl bin ich gestärkt, noch letzten paar Kilometer nach Osijek zu schaffen. Und es bleibt auch nicht meine letzte Radtour durch Baranja! Vom nächsten Streich erzähle ich Euch heute in einer Woche. (as)
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