Für den Besuch dieser kulturellen Einrichtung in Kroatiens Hauptstadt sollte man eine Menge Zeit mitbringen! Das Museum für Kunst und Handwerk Zagreb (Muzej za umjetnost i obrt) verfügt über eine gigantische Sammlung, die noch vielfältiger ist als im benachbarten Mimara. Über 160.000 Objekte vom vierten bis zum 20. Jahrhundert befinden sich in seinem Besitz. In der dreietagigen Dauerausstellung auf über 2.000 Quadratmeter Fläche werden jedoch „nur“ etwa 3.000 Exponate gezeigt.
Das Museumsgebäude am Trg Republike 10 wurde, wie zahlreiche andere innenstädtische Zagreber Bauten, 1888 nach Plänen des in Köln geborenen Architekten Hermann Bollé errichtet. Betritt man es, kann man die Altehrwürdigkeit eines historischen Palastes quasi riechen. Man fühlt sich in diesem der deutschen Renaissance nachempfundenen Prachtbau gleichzeitig an ein traditionelles Gymnasium erinnert. Kein Wunder: Ursprünglich war eine Handwerksschule in ihm untergebracht.
Museum für Kunst und Handwerk Zagreb seit 1880
Das Museum für Kunst und Handwerk Zagreb existiert seit 1880, anfangs in der Gajeva ulica 26. Die Kunstgesellschaft unter Vorsitz von Izidor Kršnjavi gründete es in Anlehnung an die Arts and Craft-Bewegung aus England. Schon fünf Jahre zuvor hatte der Präsident die ersten Ausstellungsstücke von Bischof Josip Juraj Strossmayer als Schenkung erhalten.
Aus der nach Letzterem benannten Galerie für Alte Meister komme ich, als ich am 6. Dezember für 40 Kuna mein Ticket für die Dauerausstellung kaufe. Nicht wissend, was für ein mächtiger Umfang an Kunstepochen und stilistischen Strömungen mich in den heiligen Hallen erwartet!
Das Haarwaschbecken des Goran Trbuljak
In die Dauerausstellung hat sich Ende 2018 ein Objekt eingeschlichen, das ich eher in einem Frisiersalon vermutet hätte. Der zeitgenössische Künstler Goran Trbuljak verkauft ein gewöhnliches Haarwaschbecken als große Kunst. Ein Grinsen kann ich mir nur schwer verkneifen. Trotzdem steht vor der Herstellung des Gebrauchsobjekts für Friseure eine Idee – gefolgt von einer Vision und dem Willen, solch ein Becken zu kreieren.
Obwohl ich bezweifle, dass der verrückte Goran das Rad – beziehungsweise das Haarwaschbecken – neu erfunden hat, erscheint mir sein Einfall bei dieser Art der Betrachtung nicht mehr ganz so verrückt.
Schnelldurchlauf durch die Jahrhunderte
Im Museum für Kunst und Handwerk wandele ich im Schnelldurchlauf durch die Jahrhunderte. Es gibt Räume für Gotik, Barock, Rokoko oder Jugendstil. Je weiter ich in die höheren Stockwerke vordringe, desto näher rückt die Gegenwart. Ich sehe Möbel mit aufwendigen Schnitzereien und komplexen Intarsien, Wandbehänge und überdimensionierte Porzellanfiguren, die dem Großbürgertum als Zimmeröfen dienten.
Weitere Räume hängen voller Gemälde, von denen mir der „Baum für Verliebte“ besonders im Gedächtnis haften bleibt. Der kroatische Künstler Antun Boris Švaljek hat das farbenfrohe Ölgemälde im Jahr 1985 erschaffen.
Ansonsten klafft ein Wust an Glas- und Keramik-Objekten, Fotografien, Uhren, Musikinstrumenten, Glocken und religiösen Skulpturen im Museum für Kunst und Handwerk Zagreb auf mich ein. Teile der Ausstellung drehen sich um Produktdesign und Mode. Wuchtige Kleider, in denen die Damenwelt noch Anfang des 20. Jahrhunderts lustwandelte, sind teilweise aus alten Zeitungen nachgebildet. Natürlich darf auch der Plakatdruck aus der Tito-Ära nicht fehlen.
Wenn man alle Exponate mitsamt ihrer Geschichte genauer betrachten und studieren möchte, empfiehlt es sich, mindestens einen Tag für das Museum einzuplanen. Ich halte mich ungefähr zwei Stunden darin auf – in dem Wissen, dass ich bald nach Zagreb und vielleicht an diesen Ort zurückkehre. (as)
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