Mit Bahn und Bus nach Kroatien reisen – es ist ein Experiment, das ich mir mindestens einmal in meinem Leben geben möchte. Die Reise zum Europa-Sparpreis von 118,30 Euro mit BahnCard 25 geht vom Berliner Hauptbahnhof bis zum Busbahnhof in Split. Zuerst muss ich mit einem ICE nach München Hauptbahnhof fahren und dann am Münchner ZOB in einen Fernbus nach Split umsteigen – mit Fahrt über Nacht. Wenn ich Glück habe, komme ich 22 Stunden nach meiner Abfahrt am Reiseziel an.
Schon ein paar Tage vor der Kroatien-Reise frage ich mich mit einem mulmigen Gefühl, ob dieses Wagnis gut gehen kann. Ich hasse nämlich lange Bus- und Bahnreisen! Was passiert, wenn der Zug so viel Verspätung hat, dass ich den Bus nicht erwische? Was, wenn der Bus im Stau stecken bleibt?
Zugverspätung Richtung München
Mit meinem Rollenkoffer, einem prall gefüllten Rucksack und einem Nackenkissen für die Nachtfahrt komme ich am Berliner Hauptbahnhof an und lese sofort auf der Anzeigetafel, dass mein ICE zehn Minuten Verspätung hat. Noch fühle ich mich mehr oder weniger gelassen: Zwischen der planmäßigen Ankunft in München und der Weiterreise mit dem Bus liegen immerhin zwei Stunden!
Es werden 15 Minuten, dann 20 und schließlich wieder 15, als der Zug endlich in den Bahnhof einrollt. Ich ergattere einen Platz mit Tisch, so dass ich meinen Laptop ausbreiten und arbeiten kann. Ich bin aber inzwischen viel zu genervt, um mich auf meine Aufgaben zu konzentrieren: Der Zug kann jetzt wegen geänderter Wagenreihenfolge nicht abfahren. Fahrgäste wuseln hin und her auf der Suche nach ihren reservierten Plätzen. Auf meinem Smartphone checke ich schon mögliche Flugverbindungen von München nach Split – ich finde aber keinen sinnvollen Flug für den schlimmsten aller möglichen Fälle!
In Leipzig intensiviert sich das von der Deutschen Bahn inszenierte Drama. Die digitalen Anzeigen an den Bahnsteigen spinnen. Darauf steht weiß auf Blau, dass mein ICE angeblich Berlin ansteuern würde. Bei den Leuten am Gleis herrscht berechtigte Verwirrung und selbst ich frage mich einige Sekunden, ob ich immer noch im richtigen Zug sitze. Die Konsequenz ist, dass der ICE sich am Leipziger Hauptbahnhof noch mehr Verspätung einhandelt.
Ich fühle mich wie Sprengstoff. Nein, mit Bahn und Bus nach Kroatien reisen sollte man auf gar keinen Fall, denke ich schon so kurz nach meiner Abfahrt. Um mich zu beruhigen, setze ich mir Kopfhörer auf und lasse mich mit kroatischer Musik berieseln. Josipa Lisac, Parni Valjak, Prljavo Kazalište und Co. tragen mit Sicherheit dazu bei, dass ich mich ein bisschen abrege. Immer wieder fährt der ach so schnelle ICE zwischendurch Schneckentempo und ist weit davon entfernt, die Verpätung wieder aufzuholen.
Mit Bahn und Bus nach Kroatien reisen: schlaflose Busfahrt
Im Tunnel zwischen Fulda und Würzburg legt der Zug einen Zahn zu und kommt fast pünktlich in München an. Ich habe also genug Zeit, mir eine warme Mahlzeit zu gönnen und mir ein bisschen die Beine zu vertreten, ehe ich eine Station mit der S-Bahn zum ZOB an der Hackerbrücke fahre.
Von dort starten gleich mehrere Reisebusse auf einmal nach Ex-Jugoland: Ich lese Ziele wie Tuzla, Banja Luka, Imotski und höre ein Stimmen-Wirrwarr aus Kroatisch und Serbisch.
Der Bus nach Split ist nicht restlos ausgebucht. Ich habe sogar eine Sitzbank ganz für mich alleine und kann mich richtig schön ausbreiten. Bis Ljubljana döse ich ein bisschen vor mich hin, aber dann ist es vorbei mit der schönen Ruhe. Es steigen zwei Quatschtanten zu, von denen sich eine ausgerechnet neben mich pflanzt und mit der ich bis Trogir das Vergnügen habe. Ich gebe ihnen zu verstehen, dass ich schlafen möchte, doch sie setzen ihre Unterhaltung ungeniert im Flüsterton fort.
Ich kann mich auch nicht mehr ausstrecken wie ich will und meine Schlafversuche werden ständig unterbrochen – am längsten an der Grenze zu Kroatien. Wir stehen zwischen ein und zwei Uhr nachts fast eine Stunde in der Bus-Schlange und müssen zur Passkontrolle alle aussteigen. Gefühlte 15 Minuten später kommt der Bus in Zagreb an. Auf einmal bin ich hellwach, weil mich schöne Erinnerungen an mein winterliches Wochenende in Kroatiens Hauptstadt einholen.
Vielleicht schlafe ich zwei bis drei Stunden auf der Autobahn zwischen Zagreb und Zadar. Jedenfalls bin ich seit 5:35 Uhr wach – seit der Ankunft am Busbahnhof in Zadar. Es dämmert bereits. Als ich kurz nach sechs registriere, dass wir auf der Küstenstraße Split ansteuern, bin ich einfach nur noch glücklich.
Mit Bahn und Bus nach Kroatien reisen: die Belohnung
Obwohl ich mich wie gerädert fühle, schwebe ich auf einer Welle meiner besten Energien. Ich sehe die Sonne über der Adria aufgehen, höre im Radio mir vertraute kroatische Songs und denke: „Guten Morgen, Dalmatien, du kannst so schön traumhaft sein!“
Kurz nach acht am 4. September 2016 erreiche ich mit dem Reisebus der Deutschen Bahn den Autobusni kolodvor von Split. Mittlerweile frühstücke ich in einem Café an der Riva und schreibe diesen Blog-Artikel. Nun wollt Ihr bestimmt auch wissen, ob ich wieder mit Bahn und Bus nach Kroaten reisen würde, oder?
Obwohl ich im Laufe der Mammutfahrt am liebsten immer wieder lauthals „Jebi ga!“ geflucht hätte, waren all die Strapazen nach meiner Ankunft plötzlich vergessen. Jetzt ist mir auch klar, warum ich zu Beginn der Reise im ICE so unentspannt war: weil ich Angst hatte, dass ich erst einen Tag später hier eintreffe. Ich fahre doch schon am 10. September zurück!
Falls Ihr wie ich mit Bahn und Bus nach Kroatien reisen wollt, habe ich noch einen wichtigen Tipp für Euch: Packt unbedingt frische Wäsche und ein ungetragenes T-Shirt in den Rucksack! Nach einer so langen Reise ist es unwahrscheinlich, dass Ihr Euch selbst noch riechen könnt. (as)
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