Schon in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts wusste ein deutsch-österreichisches Fernseh-Team, dass die kroatische Adria-Küste ein Sehnsuchtsort ist. In den Jahren 1984 und ’85 produzierten Satel Film und der ORF in Kooperation mit dem SWF zwei Staffeln von Der Sonne entgegen.
Die Hauptfiguren dieser zwölfteiligen Fernsehserie sind vier Herren mittleren Alters, die alle ein Problem haben und in das Fischerdorf Valun auf der Insel Cres ausreißen.
Der Sonne entgegen: vier Hauptfiguren mit Problemen
Der Hamburger Tankstellenbesitzer Hannes „Mecki“ Meckelfeld (Ulrich Faulhaber) flieht vor dem ewigen Gemecker seiner Ehefrau Gisela (Irmgard Riessen) und der Schwiegermutter Käthe (Heidi Kabel).
Der Salzburger Anwalt Dr. Günter Zack (Heinz Petters) leidet unter seinem dominanten Boss Geiger, während der Wiener Caféhaus-Pächter Ludwig „Wickerl“ Hawratil (Erwin Steinhauer) von einer Mafia-Lady um Schutzgeld erpresst wird.
Joe Felden (Raphael Wilczek), ein Münchner Schickeria-Maler, verdient seine Brötchen, indem er schwarze Punkte auf weiße Leinwand kleckst. Weil sein wahres Talent keinen interessiert, flippt er bei seiner eigenen Vernissage aus und zieht die Reißleine.
Neubeginn auf der Insel Cres
In Valun kreuzen sich die Wege der vier Aussteiger. Sie genießen die jugoslawische Sonne und Joe verliebt sich in Dunja (Lidija Jenko), die hübsche Tochter der Lebensmittelhändlerin Ivanka (Meta Vranič).
Als im selbst erteilten Sonderurlaub nach einiger Zeit des Nichtstuns das Geld knapp wird, machen Mecki, Zack, Wickerl und Joe einen alten Kahn wieder flott. Sie nennen ihre schwimmende Villa Kunterbunt „Tohuwabohu“ und gewinnen in dem liebenswerten alten Luka (Josef Meinrad), der sich als Schiffsbesitzer entpuppt, einen neuen Freund und gewieften Geschäftspartner.
Für den Melonenhändler Mirko (Volodja Peer) fahren sie mit ihrem farbenfrohen Boot Lieferungen aus und verkaufen die Früchte, gewitzt wie sie sind, nach einem Missgeschick auf See als „albanische Salzwassermelonen“.
Alle zwölf Folgen auf YouTube
An dieser Stelle beende ich meine Inhaltsangabe. Natürlich könnte ich jedes Detail aus Der Sonne entgegen noch ein bisschen ausschmücken, verkneife mir das aber. Schließlich möchte ich Euren Appetit anregen, Euch die zwölf Folgen selbst anzuschauen.
Auf YouTube lassen sich beide Staffeln des Serien-Oldies legal streamen. Wenn Ihr einmal damit angefangen habt, werdet Ihr Euch mit Sicherheit in der Landschaft von Cres und der komödiantisch erzählten Geschichte verlieren.
Eine Serie, die Mut macht
Mich hat von Anfang an das zotige Kumpel-Gehabe von Mecki, Zack, Wickerl und Joe genervt. Wahrscheinlich müsste ich ein Mann sein, um den Kneipenjargon ansprechend zu finden.
Sympathisch sind mir die Figuren trotzdem: Sie haben Mut und tun das, wovon viele Menschen nur träumen – ausbrechen, wenn die Lebensumstände nicht mehr den eigenen Vorstellungen und Werten entsprechen.
Inspiriert von Lebenskünstler Luka, startet Anwalt Zack in Valun eine zweite Karriere als Clown und stachelt damit die Sensationslust des Berliner Klatschreporters Holger an. Der nimmt Fotografin Sandra mit nach Jugoslawien, doch die Zusammenarbeit verläuft anders als Holger es sich erhofft hat …
Zu den vier Aussteigern gesellen sich im Laufe der Zeit Gleichgesinnte – noch mehr von ihrer Sorte. Während sich Mecki und Gisela in Folge 6 neu verlieben und nach Hamburg zurückkehren, bricht die herzliche Schwiegermutter Käthe in Deutschland ihre Zelte ab und eröffnet ein Gasthaus in Valun – nicht ganz frei von Komplikationen, doch sie hat das Herz am rechten Fleck und macht sich schnell bei den Einheimischen beliebt.
In Staffel Nummer 2 verschlägt es den verschrobenen Schriftsteller Lüftl (Towje Kleiner) an die Adria. Ein Bekannter von Joe aus München und ebenfalls unzufrieden in seinem Job als Drehbuchautor, kommt er nach Valun, um an einem Roman zu arbeiten, Fettnäpfchen vorprogrammiert!
Ein Fest für Satire-Fans
Wer nach elf Folgen von Der Sonne entgegen immer noch nicht gemerkt hat, dass Ideengeber Gerald Gam eine Satire kreiert hat, dem wird es spätestens in der letzten Folge auffallen.
Deutsche Touristen mit den typisch weißen Stoffhüten und Bierdurst werden nach allen Regeln der Kunst aufs Korn genommen. Man beachte auch den blonden Jungen, der unbedingt ein „Winnetou-Schnitzel“ verspeisen will!
Schauspielkunst bis in die Nebenrollen
In der zweiten Staffel habe ich eine Figur schmerzlich vermisst: Luka. Der alte Mann verbirgt hinter all seinen tiefgründigen Lebensweisheiten ein trauriges Geheimnis, das er seinen Freunden am Ende der ersten Staffel offenbart. Aber warum muss man ihn deshalb ab Folge 7 als Eremit in die Wälder schicken?
Schade, schade! Schauspieler wie den Österreicher Josef Meinrad oder die unvergessene Heidi Kabel findet man in der heutigen TV-Landschaft nicht mehr, geschweige denn Serien wie Der Sonne entgegen, in denen noch Geschichten mit Tiefgang erzählt wurden und die Darsteller bis in die kleinste Nebenrolle ihr Handwerk beherrschten.
Musik von Mr. Eurovision Ralph Siegel
Die Titelmusik wirkt heute antiquiert. Sie wurde von keinem anderen komponiert als von dem ungekrönten König des Eurovision Song Contests, Ralph Siegel. Sie geht sofort ins Ohr, so dass ich immer wieder diese Zeile aus dem Abspann vor mich hingesungen habe: „Es kommt der Tag, da hältst du’s nicht mehr aus …“
Nach zwölf Folgen Der Sonne entgegen habe ich dann tatsächlich eine längst überfällige Entscheidung getroffen, die ich vor einem Jahr nicht gewagt hätte. Ob es Euch auch so geht? Am besten schreibt mir Eure Kommentare. Diese Serie ist nämlich mehr als ein weich gespültes, inhaltsleeres Landschaftsgeplänkel à la Traumschiff! (as)
Titelbild: ORF / SWF / Satel Film
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