Die Maßnahmen gegen Corona in Kroatien und weltweit wirken sich auf den Alltag der Menschen aus. Martina La Roche aus Rheinland-Pfalz ist Rentnerin und kurz vor dem Inkrafttreten der Ausgangssperren und Grenzschließungen mit ihrem Lebenspartner auf der Insel Dugi Otok angekommen. Die beiden besitzen ein Segelboot, auf dem sie einen Großteil ihrer Zeit verbringen und frei die Meereswelt erkunden wollten. Nun muss dieses Vorhaben fürs Erste pausieren und Martina berichtet, wie sie ihren Aufenthalt in Kroatien in der Ära des Coronavirus empfindet.
Corona in Kroatien: Interview mit Martina La Roche
Kroatien-Liebe: Anfang März bist Du mit Deinem Partner nach Veli rat gereist, um bis Mitte Mai auf Eurem Boot über die Adria zu segeln. Nach Eurer Ankunft wurden ziemlich bald die Maßnahmen gegen Corona verhängt. Ist es seitdem überhaupt noch möglich, aufs Meer hinaus zu fahren?
Martina: Nein. Bekannte wollten ihr Schiff nach Murter überführen. Das wäre nur möglich, wenn sie ohne Stopp in den Hafen fahren und dort sofort an Land in einem Apartment zwei Wochen in Quarantäne verbringen würden.
Kroatien-Liebe: Da Euch die allgemeine Krisensituation nun vom Segeln abhält: Wie verbringt Ihr Eure Zeit auf der Insel?
Martina: Am Boot ist ja immer was zu basteln, wir haben es erst seit einem Jahr. Also bieten sich immer noch Verbesserungsmöglichkeiten. In der ersten Woche hat mein Partner das meiste mitgebrachte Material verbaut. In dem Bewusstsein, dass wir viel Zeit haben, unendlich viel Zeit, verbessern wir unsere Fähigkeit des Nichtstuns. Wir lesen viel, wandern und fahren Rad auf der Insel. Ich versuche, ein bisschen Kroatisch zu lernen. Und natürlich verbringen wir viel Zeit im Austausch mit unseren Familien und Freunden.
Wir haben für andere hier in der Marina, die zwei Wochen auf ihrem Boot in Quarantäne bleiben mussten, eingekauft. Mit den Seglern, die noch hier waren, Erfahrungen ausgetauscht und uns gegenseitig ausgeholfen. Inzwischen ist außer uns noch ein Paar hier.
Ich würde sagen, wir nutzen unser Boot wie ein schwimmendes Wohnmobil, die großen Abenteuer brauchen wir nicht mehr zu erleben. Ich versuche zum Beispiel, die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten unseres Waffeleisens auszuloten. Es eignet sich zum Waffelbacken, was ohne elektrisches Rührgerät schon nicht ganz einfach ist, pikante Waffeln mit geriebenem Käse sind zur Zeit der Favorit, aber auch zum Toasten von Brot.
Kroatien-Liebe: Wie gehen die Kroaten auf Dugi Otok mit der Coronakrise um?
Martina: Sie haben früher als in Deutschland konsequente Maßnahmen ergriffen. In Sali tragen viele Menschen auf der Straße Mundschutz, sie halten Abstand, auch vor und in den Läden.
Kroatien-Liebe: Welche Maßnahmen werden in kleinen Lebensmittelläden, Supermärkten und Restaurants umgesetzt?
Martina: In die kleinen Lebensmittelläden darf immer nur eine Person rein, danach wird abgeschlossen. Auch die draußen wartenden Menschen halten Abstand. Im Supermarkt ist die Kassiererin durch eine Plexiglasscheibe geschützt, am Eingang werden die Hände der Kunden mit Desinfektionsmittel besprüht, die Angestellten tragen Schutzmasken und Handschuhe. Da wir in der Vorsaison hier angekommen sind, haben wir nicht die Schließung der Restaurants erlebt, aber die urige Bar im Hafen von Sali war dann irgendwann geschlossen, Restaurants wurden nicht mehr geöffnet.
Kroatien-Liebe: Habt Ihr zu Beginn der Coronakrise nicht mit dem Gedanken gespielt, sofort zurück nach Deutschland zu reisen?
Martina: Ja, aber nur kurz. Wir hatten ja den langen Aufenthalt geplant und ich wollte schon immer mal Tiny-House-Erfahrung sammeln. Das kann ich nun zur Genüge.
Kroatien-Liebe: Warum seid Ihr in Kroatien geblieben?
Martina: Wir fühlen uns hier in Bezug auf das Virus wesentlich sicherer. Ausschlaggebend waren vor allem das Wetter, das Licht und die Farben, denn auch bei kühleren Temperaturen und Wind gab es immer Sonne. Unsere erwachsenen Kinder leben auch zu Hause weit von uns weg.
Kroatien-Liebe: Und hat Euch niemand aufgefordert, wegen Corona das Land zu verlassen?
Martina: Das hatte ich befürchtet, aber die Wasserschutzpolizei hat nur unsere Daten aufgenommen und anhand der Ausweise festgestellt, wann wir eingereist waren. Und so mussten wir auch noch zwei Tage an Bord in Quarantäne bleiben. Diese Quarantäne an Bord ist jetzt wohl nicht mehr möglich, sondern muss an Land erfolgen. Falls sich das Verhalten der Kroaten uns gegenüber verändert hätte, wären wir nach Hause gefahren. Die Insel ist nur mit einer Erlaubnis der Polizei zu verlassen. Einfach mal mit der Fähre nach Zadar und wieder zurück ist nicht möglich. Um Dugi Otok mit der Fähre verlassen zu können, braucht man einen Passierschein, der nur durch Vermittlung der deutschen Botschaft ausgestellt werden kann.
Kroatien-Liebe: Hast Du den Eindruck, dass sich die Natur gerade vom Tourismus in Kroatien erholt? Ein Stadtführer aus Dubrovnik berichtete neulich, dass in der Nähe des Kreuzfahrthafens Delfine gesichtet worden seien.
Martina: Das kann ich bestätigen, auch hier in der Pantera Bucht wurden letzte Woche Delfine gesehen, was ich vorher noch nie gehört hatte. In jedem Fall gibt es mehr und größere Fische hier im Hafen und vorne sogar Wolfsbarsche.
Kroatien-Liebe: Was werdet Ihr als Erstes tun, sobald die Maßnahmen gegen Corona gelockert werden?
Martina: Mein Partner wird Segel setzen, um nach Sali zu segeln. Dort wollen wir in der Bar einen Kaffee trinken.
Kroatien-Liebe: Welche Lehren ziehst Du für Dich aus der Coronakrise?
Martina: Ich mag das Wort Lehren in diesem Zusammenhang nicht. Aber es entsteht eine große Demut und Dankbarkeit, in welch privilegierter Lage wir uns befinden. Wie fragil unsere Welt ist, wie wenig ich brauche, um zufrieden leben zu können, wie wichtig der Austausch mit meiner Familie und meinen Freunden ist.
Kroatien-Liebe: Das empfinde ich genauso! Vielen Dank für das ausführliche Interview und bleibt beide gesund. (as)
Kommentare