Immer wieder erlebe ich im Kroatien-Urlaub nette Überraschungen. Mein Besuch auf der Insel Vir ist nämlich nicht geplant und nur eine kurze Stippvisite. Trotzdem habe ich ein paar erste Eindrücke von dem kleinen Eiland gewonnen.
Beim Segeltörn im Archipel von Zadar lerne ich Sabine und Thorsten kennen. Die beiden sind seit 2016 stolze Besitzer eines Ferienhauses im Inselort Biskupljača. Die Reise auf See läuft trotz völlig unterschiedlicher Charaktere an Bord harmonisch ab und am Ende lädt mich das Paar aus Nordrhein-Westfalen sogar ein, meine letzte Nacht vor der Weiterreise nach Zagreb auf der Insel Vir zu verbringen.
Insel Vir: Eine von rund 300 im Archipel von Zadar
Es ist mein allererster Ausflug auf diese eine von etwa 300 Inseln im Zadarer Archipel. Ich kenne sie nur aus Hörensagen. Als ich im März das deutsche Auswandererpaar Thomas und Christiane auf eine Plauderei in Zadar treffe, behauptet Thomas: „Vir reizt mich nicht. Da gibt es nichts!“
Sabine und Thorsten schwärmen von ihrer 10,12 Kilometer langen Insel, die eine maximale Breite von 4,25 Kilometer vorweist und es auf eine Fläche von 22,38 Quadratkilometer bringt. Von Zadar fahren wir ungefähr 25 Kilometer, bis wir Vir erreichen.
Durch eine Brücke mit dem Festland verbunden
Seit 1979 ist die Insel bei Privlaka durch eine Brücke mit dem norddalmatinischen Festland verbunden. Thorsten meint, die Überfahrt mit dem Auto löse jedes Mal Gänsehaut in ihm aus. Der Grund: Der Weg auf der Brücke führt erst bergauf und dann ein bisschen wie bei einer Berg- und Talfahrt hinab auf die Insel, wo Thorsten und seine Herzallerliebste eine zweite Heimat entdeckt haben.
Obwohl ich im Ferienhaus nach dem Segeltörn wieder festen Boden unter den Füßen habe, gerate ich immer wieder ins Wanken. Mein Körper hat sich an die Wellenbewegungen auf dem Meer gewöhnt und anscheinend das Gefühl, dass der Untergrund immer noch wackelt.
Ruhige Morgenidylle auf Vir
Mein merkwürdiger Zustand hält mich nicht davon ab, am frühen Morgen des 1. Oktobers im Sonnenaufgang mit Sabine walken zu gehen. Biskupljača ist ein ruhiger Ort, wo wir als erstes bei einem Nachbarn die süßesten Weintrauben meines Lebens stibitzen. Eine Wegzehrung sei uns schließlich gegönnt!
Das Dorf wirkt verschlafen, die Touristenmassen, die laut Aussage von Sabine und Thorsten im Sommer die Insel heimsuchen, sind längst verschwunden. Wir marschieren durch ein Neubaugebiet, einige Häuser befinden sich noch im Neubau. Man liest immer wieder Namen deutscher Eigentümer.
Sanftes Blau am Naturstrand
Im Morgenlicht genießen wir ein unglaublich sanftes Blau am ausgestorbenen Naturstrand, wo Sabine gerne baden geht. Die Adria ist auch hier so klar, dass man bis auf den Grund schauen kann. An Land wachsen Gräser und Sträucher in unterschiedlichen Grün-Nuancen. Die Insel Pag ist zwar nah, aber von deren schroffer Kargheit hat das benachbarte Vir nichts abbekommen.
Nach dem Frühstück auf der Terrasse unternehmen wir zu dritt eine Spritztour über die Insel. Ihr höchster Punkt Barbinjak liegt gerade mal 116 Meter über dem Meeresspiegel. Dramatische Bergpanoramen sucht man auf Vir also vergeblich, dafür sieht man die Gipfel des Velebit-Gebirges am Festlandufer gegenüber.
32 Kilometer Inselküste
An diesem Fleckchen Erde könnte man stundenlang durch üppiges Grasland spazieren, Flora und Fauna beobachten und zur Abwechslung an der rund 32 Kilometer langen Küste im Meer schwimmen. Felsen- und Kiesstrände mit versteckten Buchten gibt es auf der Insel Vir zur Genüge.
Der gleichnamige Hauptort ist mit seinem gepflegten Kiesstrand gut auf Badeurlauber vorbereitet. An der Promenade wartet ein passables Angebot an Restaurants und Bars. Wie meine Gastgeber mir erklären, herrsche dort im Juli und August Volksfeststimmung mit zahlreichen Attraktionen für Kinder. Von alledem bemerke ich in Vir nichts mehr. Nur auf dem Hauptplatz findet gerade eine Werbeveranstaltung mit Live-Musik statt.
Wilde Mülldeponien in der Landschaft
So idyllisch die Insel auch scheint, hat sie dennoch eine Schattenseite: wilde Mülldeponien mitten in der Landschaft. Unterschiedlichster Abfall wird achtlos in die Natur gekippt und das nicht nur an einer Stelle. Sabine und Thorsten erklären, dass viele Einheimische nicht bereit seien, die hohen Müllbeseitigungsgebühren zu zahlen, sie könnten sich das nicht leisten. Thorsten fügt hinzu: „Die Gemeinde lenkt aber auch nicht ein, den alten Leuten hier die Kosten einfach mal zu erlassen.“
Vermutlich ließe sich das Müllproblem auf Vir auch mindern, wenn jeder Tourist während der Hauptsaison einmalig zwei bis drei Euro in eine professionelle Müllbeseitigung investiert … Eine Idee von mir, über die sich bestimmt diskutieren ließe.
An den Hauptsehenswürdigkeiten der Insel bin ich übrigens nicht vorbeigekommen. Dazu gehören ein Leuchtturm und eine Festung namens Kastelina. Da ich aber zu 99,9 Prozent in die Region Zadar zurückkehren werde, ist aufgeschoben zum Glück nicht aufgehoben! (as)
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