Ich habe keinen ganz ungefährlichen Job – zumindest nicht, wenn ich Touren teste und es sich bei dem Ausflug um Cetina Canyoning handelt. Noch nie zuvor habe ich mich in dem Fluss, der in Omiš ins Meer mündet, zu Fuß von Felsen zu Felsen gekämpft. Dieses Abenteuer ist also neu für mich und eine Art Mutprobe. Ich habe aber weder Angst vor Steinen und Trollen noch vor Wasser und Stromschnellen. Das einzige, was ich gar nicht mag, sind Sprünge aus luftiger Höhe. Im Freibad bin ich noch nie vom Dreimeter-Brett gehüpft – ohne Scheiß!
Am Treffpunkt vor dem Hotel Bellevue in Split gesellt sich die alte Frau zu einer Horde von jungen Amerikanern, die zwar irgendwie eine Ahnung haben, dass sie sich in Kroatien befinden, den Namen des Flusses Cetina aber noch mal beim Guide erfragen müssen. Letzterer heißt Dario – er steuert auch den Minibus zum Start in Zadvarje, die Fahrt dauert ungefähr 40 Minuten.
Sicherheitsausrüstung & Start in Zadvarje
In stinknormalen Sommerklamotten oder nur in Badesachen dürfen wir natürlich kein Canyoning wagen. Erst einmal stattet uns der zweite Guide, Marin, mit der nötigen Sicherheitskluft aus. Dazu gehören ein Neoprenanzug, eine Schwimmweste, ein Helm, ein Hüftgeschirr und feste Schuhe inklusive Neoprensocken. Das alles ziehe ich über meinen Badeanzug.
Aber Moment mal, die Ausrüstung ist mehr als höllisch unbequem! Obwohl es vielleicht nicht gerade professionell wirkt, gehe ich zu Marin und protestiere gegen den Neoprenanzug. Dieses Outfit engt meinen Körper fürchterlich ein, ich bekomme Klaustrophobie und einen leichten Anfall von Atemnot. Es soll ja Menschen geben, die in gewisse Clubs rennen und sich lustvoll in Gummiwäsche zwängen, aber ich gehöre definitiv nicht dazu!
Ohne Neoprenanzug kein Cetina Canyoning, erklärt mir Marin. Das Wasser sei zu kalt, um ohne die zweite mega-enge Haut darin zu schwimmen. Mist, was nun? Kneifen fände mein Boss uncool (ich selbst)! Also atme ich ein paar Male tief durch und versuche, mich an das Quetschgefühl zu gewöhnen. Die Amis scheinen im Gegensatz zu mir alle kein Problem mit dem Anzug zu haben. Ehe wir das Flussbett der Cetina erreichen, brauchen wir weder die Arme in die Ärmel zu stecken noch den Reißverschluss bis zum Hals hoch zu ziehen. Dann würden wir wohl alle vor Hitze und Schweiß vergehen!
Steiler Abstieg zum Cetina Canyoning
Die erste Wegstrecke hat auch schon ihre Tücken. Der steil in die Schlucht sich neigende Pfad führt über spitze Steine und Geäst. An mehreren Stellen hängen Seile, an denen wir uns festhalten können – immer ganz nah am Abgrund. Dario und Marin sind stets zur Stelle, wenn man eine helfende Hand braucht. Sie wandern so sicher über die Felsen wie andere Leute einen Bürgersteig entlang spazieren. Auf mich geben sie besonders gut Acht, wahrscheinlich hat meine Abneigung gegen den Neoprenanzug ein bisschen Besorgnis in ihnen ausgelöst.
Zwei sicherheitsbewusste Guides
Gut so – dafür, dass sie so viel Wert auf die Sicherheit ihrer Schützlinge legen, bekommen sie von mir einen fetten Pluspunkt. Hin und wieder stelle ich mich beim Cetina Canyoning auch stoffeliger an als ich bin, um zu testen, wie sie auf ungeübte Abenteurer reagieren.
Je weiter wir die Schlucht hinabsteigen, desto mehr vergesse ich das fiese Gefühl auf meiner Haut. Canyoning erfordert eine Menge Konzentration und starke Nerven – ein einziger falscher Schritt kann einem das Genick brechen. Im Wasser angekommen, tut es mir unendlich gut, mich zu erfrischen. Erst im Fluss wird das Neopren zu einer zweiten Haut, die warm hält und gleichzeitig abkühlt. Ich möchte mich am liebsten nur mit dem Strom treiben lassen, durch kleine Wasserfälle preschen und die majestätische Karstlandschaft bestaunen. Dank der Schwimmweste bleibe ich immer an der Oberfläche.
Sport inmitten eindrucksvoller Natur
So einfach ist Cetina Canyoning aber nicht: Wiederholt müssen wir über glitschige, moosige Felsen im Wasser klettern, uns über Steine am Ufer hangeln, einen Tunnel durchqueren und dann wieder ein Stück schwimmen. Mir macht das mehr Spaß, als ich anfangs dachte. Der Hauptgrund ist die imposante Naturkulisse, die ich leider nicht selbst fotografieren kann. Ich habe einfach keine wasserdichte Kamera!
Apropos Wasser: Wir sind etwa vier Stunden unterwegs, haben weder Taschen noch Getränke dabei. Das Wasser der Cetina ist aber sauber und kristallklar, besonders an den Stromschnellen. Wenn es sein muss, stille ich dort nach einer feuchtfröhlichen Rutschpartie meinen Durst, obwohl ich den Gedanken, dass irgendjemand aus der Gruppe ins Wasser pinkelt, ziemlich eklig finde.
Extreme Canyoning mit Abseilen
Am Velika Gubavica, dem höchsten Wasserfall der Cetina, seilt Marin alle Teilnehmer, die Extreme Canyoning gebucht haben, aus knapp 60 Meter Höhe ab. Höhenangst ist dabei fehl am Platz, auch kurz vor Ende bei der zweiten Abseil-Partie mit „nur“ 20 Meter Höhenunterschied. Ich wandere weiter mit der Gruppe, wie es für Basic Canyoning vorgesehen ist. Wer nun glaubt, die Basic-Tour sei die leichtere, der täuscht sich! Auf dem supersteilen Weg nach unten lauern lauter Tücken in Form von Felsen, Ästen und Geröll.
Obwohl wir beim Cetina Canyoning nur zwei Kilometer zurücklegen, kommt mir die Strecke wegen all der Hindernisse viel länger vor. Ich spüre auch, wie meine Konzentration und Energie irgendwann nachlassen. Vor dem Ausflug sollte man auf jeden Fall gut frühstücken und Traubenzucker lutschen.
Kurz bevor wir am Ziel angeschwemmt werden, springen die meisten anderen von einer zehn Meter hohen Klippe in den Fluss. Nicht nur einmal, sondern mehrmals! Während sie johlen und kreischen, schwebe ich weiter durchs Wasser und fühle mich im Einklang mit der wunderschönen Natur.
Risiken beim Cetina Canyoning
Allein die Landschaft mit ihrem schroffen Karstgebirge und dem vielen Grün ist ein Grund, Cetina Canyoning einmal auszuprobieren. Wer den Ausflug bucht, sollte sich im Klaren sein, dass die Felsen unter Wasser wahre Stolpersteine sind. Rutscht man ab, riskiert man verstauchte Füße, Bänderrisse und im schlimmsten Fall sogar Knochenbrüche. Ich empfehle deshalb, Kinder zu Hause zu lassen oder als Alternative Rafting auf der Cetina zu buchen. Auch bei einer Wildwasser-Paddeltour bezwingt man Stromschnellen, allerdings per Boot und die Füße bleiben geschützt. (as)
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