Opatija: Spaziergang auf dem Waldweg Carmen Sylva

Spaziergang auf dem Waldweg Carmen Sylva bei Opatija

Opatija und Spaziergänge verbindet man wohl immer als erstes mit dem Lungomare. Die rund zwölf Kilometer lange Küstenpromenade zwischen Volosko und Lovran bietet schließlich idyllische Ausblicke aufs Meer und lädt zum Rasten am Strand ein. An den Waldweg Carmen Sylva im Hinterland denkt man erst nach dem Besuch der königlich kaiserlichen Flaniermeile – wenn überhaupt!

Ich hatte ihn jedenfalls nicht auf dem Schirm, denn eigentlich habe ich mir einen Ausflug ins Učka-Gebirge vorgenommen. Eigentlich! Wenn das Wetter in Kroatien so lieblich frühlingshaft wäre wie im März 2017. An diesem Morgen des 19. März 2018 schaue ich aus dem Fenster meines Zimmers im Restaurant Stancija Kovačići in Rukavac und es schneit. Mein Blick fällt auf einen weißen Gipfel. Ungern möchte ich das Auto meiner Gastgeber dort hoch steuern!

Was kann ich bloß inmitten dieser Wetterkapriolen unternehmen? Ich denke an eine Wanderung in der Nähe des Dorfes – wenn das Leben mir Zitronen serviert, muss ich doch irgendwas damit anstellen! Erst mal serviert mir der Koch Vinko Frlan das Frühstück und ich frage ihn nach den besten Wandermöglichkeiten ab Rukavac. „Die Wege sind ziemlich uninteressant“, meint er und empfiehlt mir den Waldweg Carmen Sylva. Dafür brauche ich mit dem Auto auch nur nach Opatija zu fahren.

Wegweiser zum Waldweg Carmen Sylva

Als ich startklar bin, lugt die Sonne mit ein paar ersten Strahlen durch die Wolkendecke und das Weiß beginnt zu schwinden. Die engen, kurvigen Straßen ins Tal sind also völlig eisfrei.

Schon am Vortag habe ich in Opatija in der Nähe des Busbahnhofs einen Wegweiser zu meiner Wanderstrecke gesehen. Vom Stadtzentrum geht es erst einmal ein Stück steil bergauf – bis zu einer Unterführung an einer verkehrsreichen Straße. Sobald man den Tunnel durchquert hat, steht man auf dem Waldweg Carmen Sylva. Nach einigen weiteren Metern bergauf erreicht man die Quelle Vrutki – einen geschichtsträchtigen Ort.

Izvor Vrutki, Waldweg Carmen Sylva Opatija
Foto: Kroatien-Liebe

Quelle Vrutki: ehemaliger Waschplatz

Seit der Besiedlung der Gegend kamen die Frauen aus Opatija dorthin, um Wäsche zu waschen und Neuigkeiten auszutauschen. „Vrutki“ bedeutet so viel wie Quelle oder Brunnen. Die Österreicher zogen es allerdings vor, den Platz nach dem Kartografen, Dichter und Nautik-Lehrer Heinrich von Littrow zu benennen. Die Italiener wiederum verpassten dem Bach, der Quelle und der Straße den Namen Mazzini – zu Ehren eines Ideologen ihres Nationalbewusstseins, Giuseppe Mazzini.

Ich verspeise an diesem ausgestorbenen Platz nur eine Orange und spüle mir im Bach die Hände ab. Das Wasser ist eiskalt! Wenn ich mir vorstelle, dass die Frauen in früheren Zeiten dort zu jeder Jahreszeit waschen mussten, bin ich froh, im Jahr 2018 zu leben.

Waldweg Carmen Sylva Opatija
Foto: Kroatien-Liebe

Kein Waldweg ohne Karl I. von Rumänien

Vrutki bleibt nicht der einzige Ort, an dem man auf dem Waldweg Carmen Sylva Geschichte erfahren kann. Dass diese Spazierstrecke überhaupt existiert, ist dem rumänischen König Karl I. zu verdanken. Vermutlich im Jahr 1896 verbrachte er einen Urlaub in der Villa Amalia in Opatija und verirrte sich auf einem seiner täglichen Ausritte im Wald.

Am nächsten Morgen schäumte er deshalb über vor Wut, so dass er sich sofort bei Baron Arthur von Schmidt-Zabiérow, dem Verwalter der Region, über die schlechte Beschaffenheit der Waldwege beschwerte. Schmidt-Zabiérow meinte dann, dass für eine Befestigung das Geld fehle. Für Karl kein Problem – er finanzierte den Waldweg Carmen Sylva, der 1901 fertig werden sollte.

Abgesehen von mehreren matschigen Pfützen, die aber nur dem miesen Wetter geschuldet sind, haben die Füße auf dem Pfad bis heute ein angenehmes Gehgefühl: kaum Steine und wenig steile Erhebungen. Außerdem hat sich ein zeitgenössischer Künstler mit einer bunten Skulptur und ebenso farbenfrohen Wegmarkierungen auf einem kleinen Teil der Strecke verewigt.

Waldweg Carmen Sylva, Gedenkstein für Königin Elisabeth
Foto: Kroatien-Liebe

Künstlerin & Königin Elisabeth alias Carmen Sylva

Für Kunst schlug auch das Herz der Namensgeberin: Carmen Sylva ist das Pseudonym der rumänischen Königin Elisabeth, Karls Ehefrau. Unter dem Namen war sie neben ihren Pflichten bei Hofe als Schriftstellerin und Musikerin aktiv. Sie komponierte, schrieb Gedichte und gab Konzerte. Wie beliebt sie in Opatija war, beweisen die französischen Worte auf einem Gedenkstein am Wegesrand. Frei übersetzt steht darauf geschrieben:

Für immer und für alles Gute und Liebliche
kennen sie die Armen
Die Leidenden erlöst sie von Schmerzen,
wahre Königin und Kunstgenie!
Ihre Werke sind von lebendigem Ausdruck,
das Schöne und Edle prägt ihre Taten
Ihren Namen, der aus der Ferne widerhallt,
finden Sie an diesen Erholungsorten.

Waldweg Carmen Sylva Vela Fortica
Foto: Kroatien-Liebe

Aussichtspunkte mit Meerblick

Als ich am Pavillon Mala Fortica ankomme, kann ich mir lebhaft vorstellen, wie Elisabeth an diesem Aussichtspunkt ihren Blick übers Meer wandern lässt, dabei ein Lied anstimmt oder sich hinsetzt und ein paar Verse niederschreibt. Ich freue mich über die Wolkenlücken, die mich endlich die Sonne sehen lassen!

Der nächste Aussichtspunkt mit Adriablick – Vela Fortica – liegt 180 Meter über dem Meeresspiegel, etwa vier Kilometer von Opatija entfernt. Früher gab es an dieser Stelle ein Ausflugslokal, doch daran erinnert nur noch ein verrostetes Tor mit der Aufschrift „Fortica 1904“. Von der einstigen K.u.K.-Romantik mit Kaffeehaus-Charme ist hier oben nichts als eine blasse Erinnerung geblieben. An diesem Tor kehre ich um. (as)

Autor

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Annika Senger
Annika Senger ist Gründerin und Chefredakteurin des Reise- und Kulturportals Kroatien-Liebe. Die passionierte Bloggerin und Reisevermittlerin interessiert sich für Reisen, Musik, Literatur, Sprachen, Kochen und Fotografie.
Adresse: Berlin, Deutschland

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