Rijeka an der Kvarner Bucht ist mit knapp 130.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Kroatien. Ehe ich ihr am 13. März einen Besuch abstatte, höre ich immer wieder: Rijeka sei eine Industriestadt und nicht besonders schön.
Ich sprudele selbst auch nicht gerade über vor Verliebtheit, als ich am 13. März 2017 an der Hafenpromenade aus dem Bus steige. Ich frage mich, ob es nicht die bessere Wahl gewesen wäre, einen Tag in Opatija zu verbringen.
Nach den anfänglichen Zweifeln bleibe ich, denn schließlich will ich wissen, warum ausgerechnet Rijeka vor ungefähr einem Jahr europäische Kulturhauptstadt 2020 geworden ist.
Bausünden und Paläste
Das Stadtbild zeigt sich sehr durchmischt: Ex-Jugoslawien hat sich hier mit einer Vielzahl von sozialistischen Bausünden verewigt. Typisch für Rijeka ist, dass Titos architektonische Überbleibsel zwischen prächtigen Palais aus der österreichisch-ungarischen Ära Lücken füllen. Weiter außerhalb sieht man hässliche Hochhäuser.
Der Grund: Im Zweiten Weltkrieg war Rijeka von der Deutschen Wehrmacht besetzt worden und wurde gegen Endes des Krieges von anglo-amerikanischen Streitkräften schwer bombardiert. Ich spüre diese Energie schon, bevor ich mich über die jüngere Geschichte der Stadt informiere.
Während meines Aufenthalts konzentriere ich mich trotzdem auf die schönen Seiten von Rijeka. An den Fassaden der Prachtbauten im Zentrum dominiert ein warmes Sonnengelb – sei es am Stadtturm oder am Firmengebäude der Reederei Jadrolinija. Diese Farbe wirkt so freundlich wie der strahlend blaue Himmel und das milde Frühlingswetter.
Sehenswürdigkeiten im Zentrum von Rijeka
Einen Stadtrundgang beginnt man am besten am Korzo. So heißt die Fußgängerzone, wo sich Gebäude aus unterschiedlichen Epochen aneinanderreihen. Auf dieser Shopping-Meile haben sich beispielsweise Radio Rijeka und die Touristen-Information niedergelassen. Falls man in der Unterkunft noch keinen Stadtplan bekommen hat, kann man sich dort einen besorgen.
Zwei Highlights in diesem Teil der Stadt sind der bereits erwähnte Stadtturm und die Kathedrale Sv. Vid, zu der man durchs nördliche Stadttor gelangt. Besonders charakteristisch ist ihr barocker Rundbau.
Zwischen den Häusern in der Innenstadt verstecken sich auch Ausgrabungen einer römischen Siedlung namens Tarsatica. Dass es sich einst um einen militärischen Stützpunkt handelte, lassen heute nur noch die Überbleibsel der dicken Festungsmauern erahnen. Oberhalb dieses archäologischen Funds präsentiert sich Rijeka italienisch. Kein Wunder: Zwischen den beiden Weltkriegen gehörte die Stadt zu Italien!
Mich faszinieren aber eher die Steinmetz-Arbeiten an den klassizistischen Häuserfassaden. Schaut man immer mal ein bisschen nach oben, fällt der Blick auf kunstvolle Figuren und Ornamente im Gemäuer.
Nationaltheater und Markt
Am Ende des Korzos kommt man zum Jelačićev Trg, von wo man am Mrtvi kanal (Toter Kanal) einen Spaziergang zum Kroatischen Nationaltheater und zum Markt machen kann. Das Theater wurde Ende des 19. Jahrhunderts von den Wiener Architekten Fellner und Helmer errichtet. Wie ich sehe, werden dort gerade Opern aufgeführt – leider aber erst nach meiner Abreise.
In der Markthalle einige Meter weiter halte ich es gefühlt nur eine Sekunde aus: Dies ist ein Umschlagplatz für Fleisch und Fisch. Allein die Gerüche wecken Übelkeit in mir! Draußen macht es aber Spaß, an den Markständen entlangzubummeln. Hier bekommt man frisches Obst und Gemüse, Olivenöl, Gewürze, Honig und andere lokale Spezialitäten. Wenn man gut und günstig Kaffee trinken will, sollte man sich am Rande des Markttrubels vor einer der Bars niederlassen.
Fährhafen mit dem Lukobran
Vom Markt schlendere ich zum Hafen, wo die Fähren der Jadrolinija anlegen. Hinter dem Terminal verläuft ein 1,7 Kilometer langer Kai – der Lukobran. Einen Teil der Strecke gehe ich zu Fuß, denn auf diesem Weg fotografiert man die besten Motive der Skyline von Rijeka.
Auf dem Lukobran wird ganz deutlich, dass die Industrie vor allem das westliche Ufer dominiert. Wer einen romantischen Spaziergang erwartet, ist auf diesem Weg fehl am Platze – außer man hat eine Schwäche für monströse industrielle Anlagen. Zumindest gerät mir in der Nähe des Fährterminals eine Ansammlung von Liebesschlössern vor die Linse!
Rijeka bei Nacht
Eine Nacht bleibe ich in Rijeka. Nach Einbruch der Dunkelheit ist allerdings total tote Hose. Mitte März tummeln sich in der Stadt einfach noch keine Touristen und sogar der Korzo kommt mir am Abend wie ausgestorben vor. Im Vorbeigehen entdecke ich einen Club, aus dem Musik schallt. Ich spähe kurz hinein, aber an der Theke hocken nur ein bis zwei einsame Gestalten.
In einer ähnlich entvölkerten Bar trinke ich ein Glas Rotwein und freue mich schon auf Zagreb, wo mich ein paar Tage später das Festival of Lights und ein lebendiges Nachtleben erwarten. In der kroatischen Hauptstadt ist immer was los, doch außerhalb der Tourismus-Saison befindet sich der Rest des Landes im Winterschlaf.
Museen in Rijeka
Am nächsten Morgen habe ich im Zentrum von Rijeka schon alle wichtigen Sehenswürdigkeiten abgeklappert. Eigentlich möchte ich sofort meine Sachen schnappen und mit dem Katamaran auf die Insel Pag fahren. Der sticht aber erst am Nachmittag in See!
Ich entscheide mich also fürs Museum. Nicht nur für eins: Ich besuche das Museum der Stadt Rijeka am Muzejski trg und das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst, das im Gebäude der Universitätsbiliothek untergebracht ist.
Das Stadtmuseum ist ein grauer Klotzbau aus der jugoslawischen Epoche, wo ich mir für 15 Kuna Eintritt (etwa 2 Euro) eine Foto-Ausstellung von lokalen Künstlern anschaue. Die Ausstellung im Museum für moderne Kunst setzt sich mit dem Thema Migration auseinander – bei freiem Eintritt.
Als ich am Nachmittag mit Sack und Pack am Hafen eintreffe, habe ich meine Zeit in Rijeka sinnvoll genutzt und bin auch nicht traurig, die Stadt wieder verlassen zu müssen. Hätte ich bei der Wahl zur europäischen Kulturhauptstadt 2020 ein Mitspracherecht gehabt, wäre meine Entscheidung sicherlich anders gewesen als die der Jury. Trotzdem könnt Ihr Euch in meinem Video ein paar hübsche Seiten von Rijeka anschauen. (as)
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