Gestern veröffentlichte das englischsprachige Online-Magazin Croatia Week einen Artikel zum Thema „15 Interesting Facts About The Croatian Language“ (zu Deutsch: 15 interessante Fakten über die kroatische Sprache).
Da ich glaube, dass viele von Euch darüber auch gerne auf Deutsch informiert werden möchten, habe ich die wesentlichen Infos aus dem Beitrag von Iva Ralica übersetzt und in eigenen Worten formuliert. An einigen Stellen hielt ich es auch für nötig, Fakten zu ergänzen und zu korrigieren.
1.) Kroatisch – oder Illyrisch?
Kroatisch gehört wie Serbisch, Bosnisch und Bulgarisch zu den südslawischen Sprachen. Der Sprache wurden allerdings im Laufe der Geschichte unterschiedliche Namensstempel aufgedruckt. Eine dieser Bezeichnungen war „Illyrisch“.
Unter Illyrismus versteht man übrigens eine kroatische Nationalbewegung: Noch im 19. Jahrhunderte glaubten Forscher, die Illyrer seien das Urvolk der Kroaten. Woher sie wirklich stammen, ist bis heute nicht eindeutig geklärt.
2.) Erste Erwähnungen der kroatischen Sprache
Zum ersten Mal mit Namen erwähnt wurde das Kroatische im Jahr 1275 in der juristischen Schrift „Istarski razvod“ (zu Deutsch: Istrische Scheidung / Trennung). Dieses Dokument war aufgesetzt worden, um die Abgrenzung zwischen Gemeinden in Istrien und der Republik Venedig zu regeln.
3.) Der Begriff Enzyklopädie: kroatisch?
Das Wort „Enzyklopädie“ soll erstmals 1559 von Stanislav Pavao Skalić aus Zagreb verwendet worden sein. Eigentlich kommt der Begriff aus dem Altriechischen (enkyklios paideia), bedeutet „Kreis der Bildung“ und ist ein Synonym für ein besonders umfangreiches Lexikon.
Der Humanist und Mystiker Skalić gebrauchte ihn in seinem lateinischen Werk Encyclopaedia seu orbis disciplinarum tam sacrarum quam prophanarum epistemon. Allerdings war er damit nicht der erste: Der Begriff war bereits 1517 in der Encyclopedia von Johannes Aventinus aufgetaucht.
4.) Erste kroatische Rede vor dem Parlament
Der kroatische Geschichtsforscher und Rechtsgelehrte Ivan Kukuljević Sakcinski (1816 – 1889) hielt im Jahr 1843 die erste kroatischsprachige Rede vor dem Parlament. Als leidenschaftlicher Patriot plädierte er für nationale Befreiung und für Kroatisch als offizielle Sprache in Schulen und Behörden. Er befürchtete nämlich die Verdrängung seiner Muttersprache durch ausländische Sprachen.
5.) Kroatische Sprache im Parlament
Kukuljević Sakcinskis Bedenken waren seinerzeit gar nicht so unberechtigt: Die K.u.K.-Monarchie hatte das kroatische Herrschaftsgebiet mit Deutsch unterwandert und im Parlament wurde zum Zeitpunkt seiner Rede eigentlich noch Latein gesprochen. Das änderte sich erst im Jahr 1847.
6.) Die drei kroatischen Haupt-Dialekte
Die kroatische Sprache wird in drei Hauptdialekte unterteilt: Kajkavisch, Štokavisch und Čakavisch. In diesen drei Dialektgruppen tummeln sich noch sechs oder sieben weitere Dialekte.
Was Croatia Week nicht erwähnt hat: Die Bezeichnungen der Hauptdialekte leiten sich ab von dem Fragewort „Was?“ in den jeweiligen Dialektregionen: kaj, što oder ča.
Nicht-Muttersprachler lernen in der Regel das štokavische Kroatisch. Dieser Dialekt wird auch von vielen Serben, Montenegrinern und Bosniaken gesprochen.
Das Kajkavische fällt besonders im Raum Zagreb auf. Typisch sind dort auch die vielen deutschen Lehnwörter.
Das Čakavische hat sich im Süden von Kroatien etabliert. Dort haben die Lehnwörter eher einen italienischen Ursprung.
7.) Die kürzesten kroatischen Wörter
Die kürzesten kroatischen Wörter bestehen aus nur einem einzigen Buchstaben. Beispiele: u (in), i (und), a (und, aber), s (mit, von) und k (zu).
8.) Das längste kroatische Wort
Eigentlich ist ja eher Deutsch für besonders lange Wortkonstruktionen berühmt und berüchtigt. Auch im Kroatischen konnte die Autoren-Kollegin eine ausfindig machen – ein Mammut-Wort mit sage und schreibe 31 Zeichen: Prijestolonasljednikovičičinima.
Dieser Zungenbrecher im Dativ Plural bedeutet frei übersetzt: der kleinen Erbin, die vor dem Thron erscheint. Das war dann wohl eher ein Joke!
9.) Kroatisch als Quelle der Sprach-Neuschöpfung
Die Kanadierin Sonja Lang (früher Sonja Elen Kisa) entwickelte in Toronto die Kunstsprache „Toki Pona“, die sie im Sommer 2001 zum ersten Mal veröffentlichte und sich natürlicher Sprachen bedient. Auch die kroatische Sprache gehört zu den Quellen dieser Sprach-Neuschöpfung. 2007 zählte sie mindestens 100 fließende Sprecher.
10.) Das Wort Paprika – auch kroatisch?
Croatia Week beansprucht „Paprika“ als kroatisches Wort. Wurde das Gemüse aber vielleicht vom altindischen Wort „pippali“ (Pfeffer) abgeleitet, das zuerst das lateinische „piper“ und das griechische „peperi“ inspirierte und dann schließlich für „papar“ (kroatisch: Pfeffer) Modell stand? Selbst Sprachwissenschaftlern dürfte es schwer fallen, hierauf eine pauschale Antwort zu finden!
11.) Blau statt blond
Eine Blondine ist in Kroatien blau: eine „Plava“ (plav = blau). Vielleicht weil Kroaten davon ausgehen, dass blonde Menschen blaue Augen haben? Tja, mir fallen einige Gegenbeispiele ein!
12.) Das kroatische Wort mit den meisten Synonymen
Der Maiskolben hat im Kroatischen wohl die meisten Synonyme. Einige davon lauten: ajdamak, bat, batakljuša, bataljika, batučak, batuček, batuk, baturak, baturice, čepina, čokotinja, ćuka, kic, klas, klasina, klasinec, klasovina, klasovinje, kočanj, kocen, komaljika, komušina, kukuruzina, kumina, kureljica, kuruška, oklipak, okoma, okomak, okomina, okrunica, orušek, otučak, paćika, patura, paturica, rucelj, rucl, rulina, šapurika, ščavina, šepurina, štruk, tekun, tulina, tulinek. Na, wer kennt noch mehr?
13.) Offizielle Sprache in Bosnien-Herzegowina
Kroatisch ist eine der drei offiziellen Sprachen in Bosnien-Herzegowina – neben Bosnisch und Serbisch!
14.) Ältester kroatischer Dialekt
Der älteste kroatische Dialekt wird angeblich im Dorf Bednja im Hrvatsko Zagorje, der Region nördlich von Zagreb, gesprochen.
15.) Weltmeister im Fluchen
Kroaten und ihre Nachbarn gelten als Weltmeister im Fluchen – ich habe einen meiner bis dato beliebtesten Blog-Artikel zu diesem Thema geschrieben. Was Schimpfwörter angeht, trumpft die kroatische Sprache mit einem wahren Reichtum an Synonymen auf – viele davon ziemlich weit unter der Gürtellinie! (as)
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